Liebe auf den ersten Klick

Gestaltung von FileMakerlösungen


20. September 2023In Tipps und TricksBy Karsten Risseeuw8 Minutes

Entwickler entwickeln. Gestalter gestalten. Benutzer benutzen. Wer seine Aufgabe als Entwickler so betrachtet, verkennt die enge Verknüpfung von Entwicklung und Gestaltung in FileMaker. Der Entwickler wird ganz automatisch auch mit der Gestaltung konfrontiert. Was bedeutet das?

Will man in FileMaker einen Workflow erstellen, ist man gezwungen, von einer klar definierten Position auszugehen. Diese Position ist nicht nur eine Tabelle, sondern in der Regel auch gleich ein Layout. Jedes Layout in FileMaker ist mit einer Tabelle verknüpft. Wer mit FileMaker entwickelt, ist deshalb automatisch auch Gestalter der Software und hat sofort mit Benutzeroberflächen zu tun.

Die beste Gestaltung sieht man nicht

Die Idealsituation für den Benutzer ist diese: Es gibt ein einziges Layout und einen einzigen Knopf, den man drücken muss, womit man dann genau das macht, was man vorhat. Wäre das möglich, hätte man die Komplexität einer Softwarelösung sofort auf ein Minimum reduziert. Google hat das etwa vorgemacht, als es ein einziges Suchfeld introduzierte, womit man quer durchs Internet suchen konnte. Es war eine extreme Vereinfachung und Google gewann dadurch schnell an Popularität.

Softwarelösungen dagegen tendieren dazu, immer mehr Funktionen einzubinden. Nach einiger Zeit werden die Layouts von Buttons und Feldern überwuchert und der Benutzer muss sich durch einen Urwald von Möglichkeiten kämpfen. Standardlösungen leiden unter solchen Entwicklungen und verlieren dadurch an Attraktivität.

Der Schlüssel zu einem besseren Benutzererlebnis ist die Vereinfachung. «Liebe auf den ersten Klick» gibt es nur, wenn alles selbsterklärend ist und der Benutzer sich auf Anhieb zurechtfindet. In einem solchen Fall stolpert der Benutzer nicht über die Benutzeroberfläche, sondern benutzt sie, ohne darüber nachdenken zu müssen.

Ich habe einen Hintergrund in der Druckvorstufe. Bei der Gestaltung von Drucksachen gibt es ähnliche Anforderungen wie bei Benutzeroberflächen. Selbstverständlich gibt es Unterschiede, aber Grundlagen für etwa ein Magazin-Layout können hilfreiche Überlegungen für die Gestaltung von Benutzeroberflächen geben. Denke etwa an Typografie, Weissraum auf der Seite, Platzierung von Bildern, Icons und dergleichen. Ein Typograf erkennt, dass die beste Textgestaltung die ist, welche der Benutzer beim Lesen nicht merkt.

Steve Jobs soll gesagt haben:

Design ist nicht wie es aussieht. Design ist wie es funktioniert.
– Steve Jobs

Wohlverstanden: Dies ist eine Aussage über Design, nicht über Funktionalität. Man könnte das salopp auch so ausdrücken: Design macht Technik erst verständlich und nutzbar.

Merkmale guter Gestaltung

Was zeichnet eine gute Gestaltung aus? Es sind allgemeine Begriffe wie Konsistenz, Übersichtlichkeit, Leserlichkeit und eine sorgfältige Auswahl von Schriften, Farbpalette, Icons und dergleichen mehr. Keines dieser Dinge ist eine Garantie für eine gute Gestaltung. Wer etwa ein zu enger Zeilenabstand konsequent verwendet, hat zwar eine gewisse Konsistenz, aber nichts, was dem Benutzer freut. Die Leserlichkeit leidet.

Die Gestaltung ist eine zweckgebundene Kunstform. Anders als bei freier Kunst ist die Gestaltung kein Zweck an sich. Die Gestaltung ist Mittel zum Zweck. Der Zweck ist die Benutzung der Software. Alles, was dem dienlich ist, darf in eine Gestaltung einfliessen. Alles, was von diesem Zweck ablenkt, sollte tunlichst vermieden werden.

Merkmale guter Gestaltung sind zweckgebunden. Sie fallen nicht auf, sondern erleichtern dem Benutzer die Navigation und Anwendung der Software. Die beste Gestaltung ist die, welche der Benutzer nicht spürt. Dabei geht es häufig auch um bekannte Abläufe. Richtet sich der Entwickler an bekannten anderen Programmen, Websites und dergleichen mehr, wird sich allein dadurch der Benutzer einfacher zurechtfinden. Es spricht vieles dafür, das Rad nicht ganz von Neuem erfinden zu wollen.

Gestaltung lernen

Gestaltung kann man lernen. Wer mit FileMaker entwickelt, befasst sich mit vielen Disziplinen. Gestaltung ist eine davon. Wer gut gestalten will, muss zuerst gut sehen lernen. Es geht nicht um Regeln, sondern darum, zu verstehen, was man sieht. Regeln sind nur eine Hilfe, in Worte zu erfassen, was die Erfahrung sein sollte. Im Vergleich: Wer musizieren will, sollte hören lernen. Wer fotografieren oder zeichnen will, muss sehen lernen. Wer gestalten will, muss Benutzer werden.

Eine gute Hilfe zur Orientierung: Kaufe einmal verschiedene Zeitungen, Magazins oder Bücher. Achte auf den Seitenaufbau, oder was man auf einer Seite zuerst sieht. Wie Leser eine Seite wahrnehmen, wurde vielfach untersucht. Die Reihenfolge ist oft: 1. Bild, 2. Titel, 3. Vorspann oder Zwischentitel, 4. hervorgehobene Teile. Es gibt grosse Unterschiede zwischen Altersgruppen, Kulturen und Zielgruppen. All das trifft auch für die Gestaltung von Benutzeroberflächen zu.

Eine weitere Möglichkeit ist die Betrachtung von Apps für mobile Geräte. Als Apple den App Store lancierte, erschienen viele kleinen Applikationen. Sie waren einfach im Aufbau, erledigten häufig nur wenige Aufgaben. Dadurch wurde die Bedienung spielend leicht. Apps fokussieren auf das Wesentliche. Das war ein enormer Kontrast zu Softwarelösungen, die versuchten «alles» abzubilden. Der Ansatz von Apps könnte man auch für grössere Applikationen verfolgen. Dabei muss man Wege suchen, die Komplexität auf jeder Seite stark zu vereinfachen.

Praktische Tipps für Gestaltung mit FileMaker

Folgende Tipps helfen dabei, in FileMaker schneller zu besseren Layouts zu gelangen:

  1. Richte ein Gestaltungsraster ein
    Minimal 30×30 Punkt, für online Anwendungen oder Apps, vielleicht eher grösser.
  2. Ziehe alle Objekte auf diesem Gestaltungsraster auf
  3. Erstelle Stilvorlagen für alle Objekte, optimiert für das gewählte Raster.

Themes und Stilvorlagen

FileMaker arbeitet mit Themes (auf Deutsch: Designs). Themes sind eine Sammlung von Stilvorlagen. Sie lassen sich laden und auf Layouts anwenden. Sobald ein Theme auf ein Layout angewendet ist, können die Stilvorlagen vom Theme auf vorhandene Objekte angewendet werden. Damit wird nicht nur die Gestaltung einfacher, sondern auch einheitlicher. Ein weiter Vorteil von Themes ist die zentrale Verwaltung von Designeinstellungen. Wer mit Themes und Stilvorlagen arbeitet, hat deutlich leichtere Seitenlayouts, was sich besonders bei Weblayouts spürbar macht.

FileMaker verfügt über einige wenige eigene Themes. Sie sind von der Gestaltung stark von amerikanischen Designvorlieben geprägt. Im Internet gibt es weitere Themes, die kostenlos heruntergeladen oder käuflich erworben werden können. Kursiv hat etwa das Produkt «FM Designer» lanciert und gleich eine FileMaker-Datei mitgeliefert, womit man selbst Themes einfacher entwickeln kann.

Liebe auf den ersten Klick

Eine gute Gestaltung bedeutet Entwicklungsaufwand. Das ist kein technischer, sondern ein konzeptueller Aufwand. Für Entwickler ist dies häufig unbekanntes Gelände. Die Benutzeroberfläche ist für den Benutzer jedoch die erste und oft einzige Berührung mit der Softwarelösung. Eine gute Benutzeroberfläche ist deshalb unerlässlich, wenn man «Liebe auf den ersten Klick» erreichen will.

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